Volkswirtschaftliche Prognosen: Und sie (die EZB) bewegt sich doch.
Ein paar besinnliche Tage und der Übergang ins neue Jahr 2022 liegen hinter uns. Die Welt hat sich aus volkswirtschaftlicher Sicht in dieser kurzen Zeit nicht gravierend verändert: Die Coronavirus-Variante Omikron kommt, der Aufschwung bleibt, die Liefer- und Transportengpässe sowie die Inflationsdynamik werden sukzessive schwinden. Und doch hat die US-Notenbank Fed auf ihrer Dezembersitzung eine vorweihnachtliche Botschaft mit mehr Klarheit als zuvor gesendet, die die Finanzmarktteilnehmer erst einmal zu verarbeiten hatten: Die ultra-expansive Geldpolitik wird zeitnah und konsequent zurückgenommen, der Krisenmodus beendet, die Fed strebt nach monetärer Normalität. Damit stehen jenseits des Atlantiks für dieses Jahr bereits das Ende des Anleihekaufprogramms, die Rückführung der Liquidität und der Fed-Bilanzsumme sowie erste Zinserhöhungen auf der Agenda.
Dieser Impuls der Fed und die bis in den Dezember hinein gestiegenen Inflationsraten in der Eurozone haben die bislang recht stoisch agierende und kommunizierende Europäische Zentralbank (EZB) über den Jahreswechsel hinweg anscheinend doch in Bewegung gebracht, sodass man sich fast schon an einen bekannten Ausspruch von Galileo Galilei erinnern mag. Wir gehen nun davon aus, dass die EZB in der zweiten Hälfte 2023 einen ersten Zinserhöhungsschritt vornimmt, und dann mit einem zweiten Schritt in 2024 das Thema des negativen Einlagensatzes ad acta legen wird.
Was bedeutet das für die Finanzmärkte? Die Renditen an den Staatsanleihemärkten werden etwas rascher zulegen, der Euro dem US-Dollar etwas mehr die Stirn bieten und der Goldpreis etwas weniger Potenzial haben als das jeweils noch Ende letzten Jahres erwartet werden durfte. Bei aller Vorsicht hinsichtlich dieser neuen Einschätzungen dürfte eine höhere Schwankungsanfälligkeit an den Märkten als vergleichsweise gesichert angesehen werden. Wir sollten die Effekte der geldpolitischen Straffung in ihrer Abfolge bis hin zu technischen Umsetzung nicht unterschätzen. Es kann gerade in der ersten Jahreshälfte 2022 durchaus ruckeliger zugehen. Die Corona-bedingten Belastungen mit rückläufigen Konjunkturindikatoren und einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt in vielen europäischen Volkswirtschaften sind dabei leider unschön schmückendes Beiwerk.
Was freilich bleibt, sind die nach wie vor hinreichend guten Perspektiven für Unternehmen für den weiteren Jahresverlauf 2022. Die Umsatz- und Gewinnaussichten sind intakt. Die geldpolitische Straffung wird vor allem an den deutlich überbewerteten Tech-Werten, vornehmlich aus den USA, nicht spurlos vorübergehen. Gerade die Aktienmärkte in Europa und in den Emerging Markets dürften aber auch im Jahr 2022 wieder sehr gut performen.
Quelle: Makro Research der DekaBank Stand: 14.01.2022
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Danny Führer
Wertpapierexperte der Sparkasse Mittelsachsen
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